Vollständige Zitierung:

„Meal time behaviour difficulties but not nutritional defeciencies correlate with sensory processing in children with autism spectrum disorder“

Shmaya, Y., Eilat-Adar, S., Leitner, Y., Reif, S., & Gabis, L.V. (2017). Meal time behavior difficulties but not nutritionaldeficiencies correlate with sensory processing in children with autism spectrum disorder. Research in developmental disabilities, 66, 27-33

Ziel der Studie/ Klinische Frage
 
Die Autorinnen wollen das Essverhalten von Kindern im Autismus Spektrum mit dem von normal entwickelten Kindern vergleichen, um herauszufinden, ob ein Zusammenhang zwischen sensorischer Verarbeitung und Aversionen, Vorlieben und Selektivität des Essens besteht.

Um ausschließen zu können, dass die familiären Essgewohnheiten einen Einfluss auf die Effekte haben, wurden auch die Geschwisterkinder einbezogen. Des Weiteren soll untersucht werden, ob die sensorische Verarbeitung einen Einfluss auf die Nährstoffaufnahme bei Kindern im Autismus Spektrum haben könnte.

Studiendesign
 
Multizentrische Fall-Kontroll-Studie

Zielgruppe / Stichprobengröße

Die Stichprobe der Experimentalgruppe umfasst 50 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren (M: 4,5; 80,4%m), die in zwei Kinderentwicklungszentren behandelt wurden und eine Form der Autismus Spektrum Störung (ASS) haben. Die Diagnosestellung erfolgte durch ein interdisziplinäres Team auf Grundlage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders-IV (DSM-IV; Association, 2000), der Childhood Autism Rating Scale (CARS; Schopler, Reichler, DeVellis, & Daly, 1980), des Autism Diagnostic Observation Schedule-Generic (ADOS; Lord et al., 1989) und des IQ’s.

Es gibt zwei Kontrollgruppen. In der Kontrollgruppe 1 sind 12 normal entwickelte Geschwisterkinder zwischen drei und 12 Jahren (M: 6,4; 71,4&m), welche auf eine ASS negativ gescreent wurden.
In der anderen Gruppe (Kontrollgruppe 2) sind 29 normal entwickelte Kinder (nach Angaben der Eltern), die im Alter und Geschlecht der Experimentalgruppe gematcht wurden (M: 4,3; 75,9%m).

Datenerhebung / Verwendete Instrumente
 
Die Datenerhebung erfolgte mit der Hilfe von drei Fragebögen. Die Nährstoffaufnahme wurde mit einem Ernährungstagebuch vom israelischen Gesundheitsministerium gemessen (The food and food portions guide, 2009).

Zur Einschätzung des Verhaltens bei Mahlzeiten wurde das Brief Autism Mealtime Behavior Inventory (BAMBI; Lukens & Linscheid, 2008) eingesetzt. 

Ein Einschätzungsfragebogen für Eltern, deren Fragen den Bereichen begrenzte Vielfalt, Nahrungsverweigerung und Merkmale des Autismus zugeordnet werden.

Mit Hilfe des Sensory Profile Caregiver Questionnaire (SPCQ) wurde die sensorische Verarbeitung analysiert. Es handelt sich ebenfalls um einen Einschätzungsfragebogen für Eltern, der nur für die Kinder im Autismus Spektrum ausgefüllt wurde.

Die Einschätzung erfolgte durch die Eltern und die Auswertung durch eine qualifizierte Ernährungsberaterin.

Ergebnisse und Befunde & Klinische Bedeutung

Der Gesamtwert des BAMBI der Experimentalgruppe war signifikant höher als der Wert der Kontrollgruppen. Die Kinder mit ASS zeigten größere Verhaltensprobleme während der Mahlzeiten als die normal entwickelten Kinder. Einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Kontrollgruppen gab es nicht. Daraus ergibt sich, dass die häuslichen Esspräferenzen nur einen begrenzten Einfluss auf die Lebensmittelaversionen von Kindern im Autismus Spektrum haben.

Es wird ersichtlich, dass die Kinder mit ASS, die Schwierigkeiten während der Mahlzeiten zeigen, nicht zwangsläufig auch unter Nährstoffmangel leiden. 

Außerdem weist der Vergleich der Nährstoffaufnahme und der sensorischen Verarbeitung auf, dass die Kinder, die an einem Nährstoffmangel leiden, nicht unbedingt diejenigen sind, die ungewöhnliche Reaktionen auf sensorische Reize zeigen. Die Beurteilung sollte daher getrennt und gründlich erfolgen.

Es treten signifikante Unterschiede zwischen den Werten des BAMBI und des SPCQ auf. Das heißt, dass sich die Schwierigkeiten während der Mahlzeiten auf sensorische Probleme zurückführen lassen können. 

Diese Erkenntnis ist ein wichtiger Schlüssel zur Auswahl der richtigen Intervention für das Kind und die Familie.

Limitationen der Studie

Der Fragebogen zur sensorischen Verarbeitung wurde nur für die Experimentalgruppe ausgefüllt, sodass keine Daten der Kontrollgruppen vorliegen, um weitere Vergleiche ziehen zu können.
Außerdem wurden die normal entwickelten Kinder der Kontrollgruppe 2 nicht auf ASS gescreent, sondern auf Grundlage der Beurteilung der Eltern eingeschlossen. Dadurch ist das Vorhandensein eines Selektionsbias nicht ausgeschlossen.
Die erhobenen Daten stammen aus Fragebögen, welche von den Eltern subjektiv ausgefüllt wurden, dennoch wurden die Eltern innerhalb der Studie auf das Ausfüllen geschult, um den Informationsbias kontrollieren zu können.