Wie identifiziere ich eine SI-Störung?
Aktuell werden folgende Befundinstrumente eingesetzt:
Sensory Profile2(SP2) von Winnie Dunn: Seit Ende 2017 liegt das SP2, ein Eltern, bzw. Pädagogenfragebogen, standardisiert für Deutschland vor. Hiermit können Störungen im Bereich der Modulation(sensorische Über- bzw. Unterreaktion) eingeschätzt werden, sowie Schwierigkeiten im Bereich der Diskrimination. Darüber hinaus wird erfasst, inwieweit das Kind aufgrund einer SI-Störung Schwierigkeiten im Verhalten aufweist. Es gibt Fragebögen ab dem Säuglingsalter bis 14;11 Jahren. Erschienen ist das SP2 bei Pearson.
Wahrnehmungsfragebogen (WN-FBG): Der WN-FBG besteht aus 79 Fragen zu den 7 Sinnessystemen mit Schwerpunkt auf den Nahsinnen (Gleichgewicht, Berührung, Kraft- und Bewegung), die im Alltag beobachtbare Verhaltensweisen erfragen. Das Ergebnis sagt etwas über die Tendenz in Richtung Über- oder Unterempfindlichkeit oder Diskriminationsstörung in einzelnen Sinnessystemen und insgesamt. Entwickelt wurde der WN-FBG durch die Gesellschaft für sensorische Integration in Österreich.
Sensory Processing Measure von Diane Perham: dieser Fragebogen für Eltern und Pädagogen kann als Eingangsfragebogeninstrument bei Kindern ab 3 Jahren verwendet werden, um einzuschätzen, ob eine SI-Störung vorliegt. Zudem kann eine Abgrenzung zu anderen Störungsbildern wie z.B. AD(H)S oder UEMF vorgenommen werden. Das SPM ist zurzeit nicht für Deutschland standardisiert. Die Arbeitsgruppe SPM steht mit Diane Perham in Kontakt, sobald das SPM2 zur Verfügung steht wird es in Deutsch übersetzt und in Deutschland standardisiert.
Touch inventory for elementary school-aged children(TIE): bei diesem Fragebogen können Kinder direkt ab einem Alter von 8 Jahren zu ihrer Berührungsempfindung befragt werden. Auch dieser Fragebogen ist nicht für Deutschland standardisiert. Aber er kann als Screening gut eingesetzt werden.
Freie Verhaltensbeobachtungen: hier wird das Spielverhalten eines Kindes mit unterschiedlichen Spielmaterialien und sensorischen Herausforderungen eingeschätzt. Die sensorische Reaktivität auf sensorischen Input kann erfasst werden, ebenso die Möglichkeiten des Kindes, Bewegungen zu Planen und motorisch angepasst zu agieren.
Die gezielten Beobachtungen: Die gezielten Beobachtungen sind ein Screening mit 20-30 Aufgaben. In diesen wird die Wahrnehmungsverarbeitung von taktilen, propriozeptiven und vestibulären Reizen beobachtet. Ebenso werden die Möglichkeiten zur motorischen Planung und zur Koordination beider Körperhälften beurteilt. Auch hier können Abgrenzungen zu anderen Störungsbildern, wie AD(H)S und UEMF vorgenommen werden.
SIPT: Der „Sensory integration & Praxie Test“ wurde in den 80er Jahren von Jean Ayres entwickelt und in den USA standardisiert. In Deutschland wurde der SIPT nie standardisiert.
SCSIT „Southern California Sensory Integration Tests“: Der SCSIT wurde 1980 in den USA entwickelt. Er enthält eine somatosensorische, eine visuelle und motorische Testreihe zur Untersuchung von Kindern zwischen 4;0 bis 8;11 Jahren. Für Deutschland ist der SCSIT nicht standardisiert und kann daher nur als Screening eingesetzt werden.
TSFI „Test of sensory Functions in Infants“: Der TSFI wurde in den USA in den 80er Jahren entwickelt für Kinder im Alter von 4 – 18 Monaten. Er schätzt die Möglichkeiten eines Kindes, sensorische Reize zu modulieren ein. Zudem wird die Fähigkeit zur Diskrimination taktiler, vestibulärer und propriozeptiver Reize, sowie zur Praxie und bilateralen Integration eingeschätzt. Für Deutschland ist der TSFI nicht standardisiert und kann nur als Screening eingesetzt werden.
EASI – Evaluation Ayres Sensory Integration: mit dem EASI wird aktuell ein neuer Test zur Erfassung von sensorisch-integrativen Störungen in den USA entwickelt und normiert. Dieser soll auch international in über 80 Ländern standardisiert werden. In Deutschland ist eine Normierungsstudie ab Herbst 2018 geplant. Der EASI wird den SIPT und den SCSIT ablösen.
Für die Erfassung von sensorisch-integrativen Störungen bei Erwachsenen liegt in den Deutschland ein Fragebogeninstrument, der ASH(Adult/Adolescent Sensory History – May-Benson 2015) vor. Die SIGA-Arbeitsgruppe „SI bei Erwachsenen hat dies möglich gemacht.
Welche Bücher eignen sich?
Literaturempfehlungen:
• Dunn, Winnie: Leben mit den Sinnen
• Schaefgen, Rega: Praxis der sensorischen Integrationstherapie
• Nacke, Angela: Ergotherapie bei Kindern mit Wahrnehmungsstörungen
• Bundy, Lane, Murray: sensorische Integrationstherapie, Theorie und Praxis
• Ayres, Jean: Bausteine der kindlichen Entwicklung
• Meier, Richle: Sinnvoll und alltäglich
• Söchting, Elisabeth: sensorische Integration
• AOTA: SI-Practice Guidelines
• Miller, L.J.: Sensational Kids
• Roley, Blanche, Schaaf: Sensorische Integration
• SPD-Foundation: Position Statement on terminology related to sensory integration
• Baumgarten, Astrid: Ergotherapie in der Pädiatrie: klientenzentriert –betätigungsorientiert – evindenzbasiert
Wie kann ich mich für die SI-Therapie weiterqualifizieren?
SI-Weiterbildung in Deutschland in Kooperation mit dem DVE:
Zur SI-Weiterbildung werden Ergotherapeut*innen, Logopäd*innen, Physiotherapeut*innen, Ärztinnen/Ärzte und Psycholog*innen zugelassen, wobei mindestens 80 Prozent der Teilnehmer*innen Ergotherapeut*innen sein müssen.
Voraussetzung für die Teilnahme ist eine abgeschlossene Berufsausbildung und die praktische Arbeit mit Kindern während der ganzen Weiterbildung für mindestens einen halben Tag pro Woche.
Die SI- Weiterbildung ist in einem Modulsystem organisiert. Zunächst muss das Modul 1 als Grundlagenmodul absolviert werden, bevor Modul 2 und 3 in beliebiger Reihenfolge angeschlossen werden können. Im Anschluss daran folgt die Mentorenstufe. Nach erfolgreichem Durchlaufen dieser, einschließlich dem Erstellen zweier häuslicher Fallarbeiten erhält die Teilnehmer das Zertifikat SI-DVE.